Rezension - Wie geht es mir heute?
Anleitung zur Aneignung von Einleitungen
Von der Sekretärin des US-amerikanischen Therapeuten Steve de Shazer erzählt man sich folgende Geschichte: Eines Tages wollte sie herausfinden, was es mit der Kunst ihres Chefs auf sich hat und lauschte eine Weile an der Tür zum Behandlungszimmer. Nach einer Weile stürmte sie zurück ins Büro und rief aus: "Mein Gott, die reden ja nur!"
Psychotherapien finden vorwiegend im Gespräch statt. Die praktischen Herausforderungen, denen sich Therapeuten in ihrem Berufsalltag stellen, sind oft viel mehr vom sprachlichen Prozess von Moment zu Moment geprägt, als sich das den allgemein gehaltenen Therapieleitlinien von klassischen Lehrbüchern und Gesetzen abbilden lässt.
Thomas Prünte schreibt über diese praktischen Erfahrungen in seinem Buch "Wie geht es mir heute? 44 mögliche und unmögliche Arten eine Therapiesitzung zu beginnen". Für jede der Gesprächseröffnungen - wie "Was ist Ihre früheste Kindheitserinnerung?" oder "Ich bin ein Fan von Ihnen!" - finden sich konkrete Handlungsanweisungen.
An ihnen kann man ablesen, wie in der Therapie bestimmte Stimmungen geschaffen, Beziehungen entstehen oder z.B. Ressourcen aktiviert werden. Der Autor vermeidet die kochbuchartige Aufzählung von reinen Therapietechniken oder -tricks. Er antizipiert auch mögliche Reaktionen des Gegenübers und gibt Hinweise auf besondere Situationen und Therapiephasen, in denen bestimmte Eröffnungen passend oder unpassend sind. Erfreulicherweise beherrscht Prünte nicht nur das therapeutische Gespräch, sondern auch das Schreiben darüber. Treffende Sprachbilder und etwas Humor erleichtern die Aneignung. Und auch der Laie kann die Einleitungen im Selbstgespräch nutzen, um selbst etwas mehr darüber herauszufinden, wie es ihm heute geht, wer er ist und wer er sein könnte.